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Das Schiff, das den Lieferfluss blockierte

Das Schiff, das den Lieferfluss blockierte

In den letzten Wochen las und sah man in den Nachrichten täglich, was sonst eher weniger Beachtung findet: Berichte und Interviews mit Supply-Chain-Analysten, Reedereivertretern und Logistikexperten - eine Gruppe von Berufsprofilen, die normalerweise eher im Hintergrund hantieren, von der Gesellschaft unbeobachtet.

Die Ever Given – Sinnbild für die Fragilität der Lieferkette

Hintergrund des plötzlich erwachten Interesses war ein Ereignis, das auf den ersten Blick wie eine Randnotiz anmutet: Der Sueskanal wurde durch ein einzelnes Frachtschiff komplett blockiert, das sich bei dem Versuch, während eines schweren Sturms durch den Kanal zu fahren, auf beiden Seiten desselben festgefahren hatte.

Die Bedeutung dieses Ereignisses ist jedoch weitreichend - es wirkt sich auf die Volkswirtschaften in fast allen Industrieländern der Welt aus und hat indirekt auch Auswirkungen auf viele weitere Nationen. Da 13 % des jährlichen Welthandels  (ganze 1,17 Milliarden Tonnen Fracht) über etwa 19.000 Schiffe, die jährlich den Kanal passieren, transportiert werden, hallen die Auswirkungen in allen Lieferketten nach. Weitere 360 Schiffe wurden auf ihrer Reise aufgehalten.

Man kann das Ereignis auf das Festland übertragen, um sich die Dimensionen besser vorstellen zu können: Stellen Sie sich vor, ein Einzelhandelsunternehmen beliefert während der Weihnachtszeit seine 850 Filialen von sechs riesigen Distributionszentren im ganzen Land aus - und dann stellen Sie sich vor, eines dieser Zentren muss für eine Woche geschlossen werden, wobei der gesamte Inhalt eingeschlossen wird und nichts hinein- oder hinausgeht. Das bedeutet, dass die LKWs, die an diesem Tag zum Entladen ankommen, ihre Ware nicht loswerden. Die leeren LKWs, die darauf warten, beladen zu werden, bleiben indes leer, genauso wie die Regale in 13 % der belieferten Lädenfür die Dauer von einer Woche. Die Kunden werden daran gehindert, die Produkte dieses Einzelhandelsunternehmens zu kaufen. Insgesamt können durch diesen Vorfall ganze 110 Geschäfte innerhalb von nur  einer Woche nicht nur Umsatz, sondern auch Kunden und sogar Mitarbeiter verlieren.

Am Montag, den 29. März 2021, wurde die Ever Given freigegeben und setzte ihre Reise in Richtung Norden fort. Damit wurde die Passage von über 360 Schiffen ermöglicht, die etwa 15 % der gesamten weltweiten Containerkapazität betroffen hatten. Da bleibt uns nur noch zu wünschen: Bon voyage!

Der Vorfall mit der Ever Given ist ein Symbol dafür, wie wichtig es ist, die Engpässe in Ihrer eigenen Lieferkette zu finden und sicherzustellen, dass Sie nicht selbst einen katastrophalen Lieferstopp erleiden. Wir zeigen Ihnen die typischen Engpässe in der Lieferkette auf, damit Sie diese bei Bedarf beheben können.

Häufige Engpässe in der Lieferkette

Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass solche Ereignisse im Sueskanal eine absolute Seltenheit sind. Der Kanal ist seit 1869 für die Durchfahrt geöffnet und das Schiffsunglück der Ever Given ist gerade einmal das dritte seiner Art, wobei die beiden vorangegangenen Unglücke jeweils innerhalb von Stunden behoben werden konnten.

Die sechs Tage andauernde Blockade durch den unter panamaischer Flagge fahrenden Frachter Ende März war jedoch durch die immer größer werdenden Containerschiffe ein im Grunde vorhersehbares Schiffsunglück. Die Ever Given ist eines der neueren Schiffe der "New Panamax"-Klasse, die 400 m lang, 56 m breit ist und 20.000 Container transportieren können. Man muss kein mathematisches Genie sein, um die potenzielle Gefahr zu erkennen - der Kanal ist nur zwischen 215 und 345 m  breit. Zudem wird er nur einspurig befahren. Ein Schiff, welches stecken bleibt, blockiert den Sueskanal deshalb komplett.

Technologische Entwicklungen haben zur Folge, dass Engpässe in Ihrer Lieferkette, die Sie vor 10 Jahren oder sogar vor 2 Jahren noch nicht auf dem Schirm hatten, mittlerweile entstanden sein können – und zwar auch dort, wo Sie dachten, dass es sie gar nicht geben kann. Hier sind vier Eckpunkte, die Sie in Ihrer Lieferkette überprüfen sollten:

1. Lagerverwaltungssysteme und verwandte Systeme

Es gibt wenige Technologien, die sich so schnell verändern wie Software. Daher ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche Hersteller und Einzelhändler bei grundlegenden Standard-Funktionen ihres Software-Stack hinterherhinken. Zum Beispiel die Backorder-Funktion. Es ist ein Schlüsselelement zur Vermeidung von Umsatzeinbußen. Mit einer solchen Backorder-Funktion können Sie Ihrem Kunden ein Produkt auch dann, wenn Sie es nicht vorrätig haben, reservieren und ihn darüber informieren, wann es wieder verfügbar sein wird. Wenn ein Kunde hingegen Woche für Woche online geht und sieht, dass das Produkt nicht mehr auf Lager ist, und Sie ihm nicht sagen können, wann Sie es wieder vorrätig haben (selbst wenn es gerade nachgeliefert wird), dann werden Sie den Kunden mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren.

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2. Single Source Suppliers/Supplies

Dies ist ein Engpass, der oft nicht leicht zu beheben ist. Manche Produkte und Rohstoffe lassen sich schlichtweg nur von einem einzigen Lieferanten beziehen. Es kann auch sein, dass andere Lieferquellen aufgrund von Zöllen oder anderen Hindernissen gar nicht oder nur schwer aufzutun sind. Zudem bietet die Konzentration auf nur einen Lieferanten auch einige wichtige Vorteile wie zum Beispiel spezielle Rabatte, niedrige Transportkosten sowie eine stabile Qualität der Ware. Doch die Nachteile zeigen sich genau dann, wenn diese eine Bezugsquelle plötzlich gar nicht oder nur mit deutlichen Einbußen liefern kann: Man ist von Single Sources sehr abhängig, zudem besteht eine Notwendigkeit für hohe Mindestbestände, um Lieferengpässe auszugleichen. Viele Single Suppliers zeigen mit der Zeit außerdem eine Trägheit in Bezug auf Innovationen. Sie sollten also genau abwägen, welche Lösung die beste für Ihr Unternehmen ist und bei Bedarf bzw. Möglichkeit besser auf mehrere Lieferanten setzen.

3. Ihr eigenes Lager

Wie macht sich Ihr Lager selbst zu einem Engpass? Wenn Sie die einzelnen Prozesse nicht ständig neu bewerten und die Effizienz verbessern, mit dem Ziel, Ihre Umschlagsleistung zu erhöhen. Je mehr Ein- und Auslagerungen Sie schaffen, desto produktiver wird jeder Kubikmeter sein. Wenn Ihr Konkurrent eine Lagerumschlagleistung von 5 hat, während Sie nur 3 schaffen, müssen Sie mehr Platz erwerben und ausbauen, nur um mit demselben Volumen Schritt zu halten. Wenn Sie sich das nicht leisten können, haben Sie damit eine Drosselstelle für Ihr Verkaufsvolumen, und selbst wenn Sie zusätzlichen Platz erwerben, bedeutet das, dass Sie entweder geringere Gewinnspannen für Ihr Unternehmen oder höhere Preise für Ihre Kunden haben werden. Daher ist es sehr wichtig, dass Sie die Effizienz in Ihrem Lager optimieren.

4. Mangelnde Prozessverbesserung

Selbst wenn Ihr Lager im Allgemeinen sowohl in der Hoch-, als auch in der Nebensaison reibungslos läuft, ist es wichtig, einzelne Prozesse immer wieder neu zu bewerten, um Engpässe zu vermeiden. Wie Sie schnell bemerken werden, ist der Wareneingang ein häufiger Übeltäter. Selbst bei den reibungslosesten Abläufen in den Bereichen Kommissionierung, Verpackung und Versand kann es zu Verzögerungen und Produktverlusten am Wareneingangsdock kommen. Die Auswirkungen eines langsamen Wareneingangsprozesses haben auch Auswirkungen außerhalb des Lagers, da die zu beladenden LKWs möglicherweise im Leerlauf stehen - und Ihnen diese Zeit in Rechnung stellen.

Wo fangen Sie am besten an?

Auch wenn jedes Unternehmen anders ist, lautet unsere Empfehlung: Fangen Sie bei sich selbst an und arbeiten Sie sich nach außen vor. Beleuchten Sie beispielsweise zunächst Ihren Wareneingangs- oder Kommissionierungsprozess von allen Seiten. Wie viele Schritte benötigen die Mitarbeiter, um einen Prozess abzuschließen? Gibt es überflüssige Handgriffe, Fehler oder Rückstände, die nicht erklärt werden können? Die exakte Ergründung Ihre eigenen Prozesse und Technologien gibt Ihnen außerdem die Informationen, die Sie benötigen, um die Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten und Anbietern zu optimieren. Geeignete Geräte für eine Optimierung Ihrer Prozesse finden Sie auf unserer Produkte-Seite. Auch unterstützen wir Sie bei der Findung und dem Aufbau einer Gesamtlösung für Ihre Unternehmens-Struktur.

Wir hoffen, dieser Artikel war für Sie hilfreich, um Engpässe in der Lieferkette aufzudecken und künftig zu vermeiden. Möge nie ein Sandsturm einen Ihrer Gabelstapler umpusten und dieser dann Ihr Wareneingangsdock für eine Woche blockieren!

 

Quelle: Where are the choke points in your supply chain? (newcastlesys.com)

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